Wochenende
Ich gehe gern zum Zeitungsmännchen. Weil dann ist meistens Freitagnachmittag oder der Morgen des Samstags, jedenfalls Wochenende. Dann stelle ich mein Fahrrad vor dem Laden ab, ohne es abzuschließen, denn ich muß mir keine Sorgen darum machen, das Zeitungsmännchen hat mich ja bereits gesehen und seine Augen überwachen das Rad, kein Dieb hätte eine Chance, es unbemerkt zu entwenden, und er greift, noch bevor ich im Laden bin, ins Regal zum Tabak, den er nur für mich bestellt hat, er kennt mich, ich komme schon lange freitagnachmittags oder samstagmorgens zu ihm, wenn Wochenende ist, und er hat keinen anderen Kunden, der meinen Tabak raucht, und ich trete ein und er begrüßt mich mit Guten Tag der Herr. Und er hat die Sorte Blättchen schon dazugelegt, von denen er weiß, daß ich sie bevorzuge, ich habe die Blättchen schon dazugelegt der Herr, sagt er, und dann nehme ich mir immer die Zeit und manchmal die Süddeutsche aus dem Regal, gehe, wenn es mich überkommt, zur Lottotheke und spiele die zwei Reihen, die mein Vater schon vierzig Jahre gespielt hat und nichts gewonnen, meine Zahlen kommen ja sowieso nie, sage ich, und er sagt, man steckt ja nicht drin, der Herr, und dann sage ich vielleicht, noch eine Gitanes ohne bitte, die gönne ich mir zur Feier des Tages, und er lächelt und sagt, muß auch mal sein, der Herr.

Dann zahle ich meine Zeit und meinen Tabak und manchmal meine Gitanes und den Lottoschein und die Süddeutsche, und er sagt, auf Wiedersehen der Herr, ein schönes Wochenende der Herr, Ihrem Fahrrad ist nichts geschehen der Herr.

Heute habe ich das Zeitungsmännchen gefragt, ob es möglich ist, mir eine Ausgabe der Zeit nachzubestellen, die ich verpaßt habe, weil ich in Urlaub war. Natürlich der Herr, sagte das Zeitungsmännchen, das ist kein Problem der Herr, es kann allerdings etwas dauern der Herr. Das macht nichts, sagte ich, es ist mir gleich, wann ich die Zeit lese, nur daß ich sie lese ist mir wichtig, und er nahm ein Zettelblöckchen und schrieb meinen Wunsch auf, fügte das Datum hinzu, dann zögerte er. Für wen der Herr darf ich das aufschreiben, fragte er, und ich sagte meinen Namen. Das ist kein Problem Herr Schandhase, es kann aber etwas dauern Herr Schandhase, ich tue, was ich kann Herr Schandhase, Sie wissen ja, die Verlage Herr Schandhase, man steckt ja nicht drin Herr Schandhase. Auf Wiedersehen Herr Schandhase, ein schönes Wochenende Herr Schandhase, und Ihr Fahrrad ist unversehrt Herr Schandhase.

Ich brauche ein neues Zeitungsmännchen.

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prieditis, Montag, 8. September 2008, 11:45
welchen tabak rauchen denn sie? ich kenne dieses phänomen. mein tabakmännchen packt die päckchen nämlich nicht aus und so kann ich mitzählen, wie oft ich schon dort war.

schandhase, Dienstag, 9. September 2008, 16:13
Sie sind ja neugieriger als Chrome!

tomm tiefer, Montag, 15. September 2008, 00:19
das klingt nett alles. gar nicht so schlecht. ganz gut eigentlich.
wenn ich das mal so unbekannterweise einwerfen darf.

mein zeitungsmann ist nur einer von vielen eigentlich, ich bin da nur manchmal, aber letztens sprach er mich an, wusste meinen namen, wo ich arbeite, was meine frau arbeitet, das war schon unheimlich.

prieditis, Montag, 15. September 2008, 01:30
das hatte der bestimmt vom gugel ;o)

tomm tiefer, Montag, 15. September 2008, 11:25
aber für gugel braucht man, also auch zeitungsman, doch auch irgendein stichwort, soweit ich das begriffen habe...
...und er kann ja nicht eingeben: "typ der immer american spirit kauft, und manchmal auch ne süddeutsche, und manchmal auch ein feuerzeug, und ab und zu mal für ein euro nen lottoschein", also nein, das wird nicht klappen.

hm...