Montag, 15. September 2008
Quallo will das Perlhuhn knuseln
Nebenan weist Anatol Stefanowitsch im Bremer Sprachblog auf eine (mittlerweile beendete? Jedenfalls verschwundene) Umfrage von NDR 2 aus der letzten Woche zum Thema „Nervige Sprachtrends“ hin. Zur Auswahl dessen, was man ablehnen durfte, stand neben „SMS-Kauderwelsch“ und den üblichen bösen Anglizismen auch „Jugendsprache“. Tante Gu schickt einen, mit einigen der in dieser Rubrik versammelten Beispiele bestückt, stracks zu Langenscheidt:

Die Idee hinter dem „Jugendwort des Jahres" ist, den Sprach- und Wortwandel durch den kreativen Umgang der Jugendlichen mit der Alltagssprache zu präsentieren und zu dokumentieren.

Und dann stehen da dreißig Begriffe, die ebenjenen kreativen Umgang der Jugend mit der Alltagssprache dokumentieren. Eine Auswahl:

Bildschirmbräune (blasse Haut eines Computerfreaks) [187]
Datenzäpfchen (USB-Stick) [112]
Gammelfleischparty (Ü-30-Party) [429]
Heuchlerbesen (Blumenstrauß) [132]

Ich denke, man muß nicht extra erwähnen, daß mindestens 90 % der Belege sich genau um den Langenscheidt-Wettbewerb drehen.

Vom Glutamat-Palast über die Streberburg bis zum Zornröschen mag sich jeder selber den Sprachgebrauch der Jugend ergugeln.* Wahrlich, da wurde ganze lexikographische Arbeit geleistet. Und die Presse schreibt lustig gegenseitig von einander ab, es ist zum Weinen.

Und jetzt soll bloß niemand kommen und behaupten, die Jugend sei sprachlich nicht erfinderisch.

Tut ja auch keiner. Bloß läßt die sich ihre eigenen Wörter einfallen. Authentisches dazu findet sich in Gesprächsforen, in denen junge Leute diskutieren:

Für mich klingen diese Wörter eher nach Leuten auf Ü-30 Partys die mittags auf der Arbeit ihren "Cappu" trinken. Ich kenn keinen Jugendlichen, der solche Wörter ernsthaft benutzen würde, zumindest die meisten klingen so, als hätte man mühsam drüber nachgedacht, um sich was Lustiges einfallen zu lassen. Es klingt einfach viel zu bemüht lustig. Also insgesamt peinlich.

*Nachtrag (15.09.):
Anatol Stefanowitsch hat sich die Mühe tatsächlich gemacht.

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